Wir haben ein neues Thema für euch in petto. Heute soll es um das “Backbone” der Gestaltung von Erklärvideos gehen.
Und dafür stellen wir euch unsere Julia vor. Julia ist Lead Designerin bei VerVieVas und hat schon viele tolle Videos und Projekte illustriert.
Aber….Was macht eine Lead Designerin so und worum soll es denn heute gehen?
Als Lead Designerin kümmert sich Julia zusammen mit ihren Kolleg*innen um die gestalterische Konzeption und entwickelt die Bildebenen & Stile unserer Videos. Heute hat sie euch das 1×1 der Erklärvideo-Gestaltung mitgebracht.
Wir schauen uns an, was das Wichtigste bei der Gestaltung einer Videostilistik ist, und welche Möglichkeiten es dazu gibt.
Die Schule ist zwar bei den meisten von uns schon lang vorbei, aber ihr könnt euch doch bestimmt noch an das Skelett im Biologieunterricht erinnern, oder? Um zu verstehen, wie etwas aufgebaut ist und funktioniert, muss man sich das Grundgerüst anschauen. Und ähnlich wie bei dem lustigen Skelett im Klassenzimmer funktioniert die Gestaltung unserer Erklärvideos.
Die Basis
Jedes Video spricht eine eigene Sprache – nicht nur die Story, sondern auch die Stilistik und Gestaltung. Die Basis einer spannenden Visualisierung ist ein gutes Storytelling! Je cooler die Story, desto cooler die Gestaltung. An die Grundregeln der Gestaltung müssen sich trotzdem alle halten – sonst wird aus dem Erklärvideo schnell ein Wimmelbild mit null Erklärwert.
Was sind also die 4 Punkte, die ein gut gestaltetes Erklärvideo ausmachen?
1. Layout
Es gibt eine Menge an Bildgestaltungen und Kompositionen. Wichtig dabei ist, ein einheitliches Konzept zum Inhalt zu bewahren. Das Layout dient ja nicht nur dazu, fesch auszuschauen – nein, es unterstreicht auch das Storytelling. Klingt komisch? Ist ganz einfach erklärt.
Nehmen wir uns ein Beispiel her: “Lisa ist furchtbar traurig”
Na, welches Layout unterstützt die Story besser? Man erkennt es sofort, nicht?
Nun geht es natürlich nicht immer um Emotionen – manchmal wollen wir auch einen Überblick geben. Da eignet sich wiederum die Supertotale im Goldenen Schnitt sehr gut. Supertotale, Goldener Schnitt?
Die Supertotale ist eine Einstellungsgröße. Sie kann aber auch »Weite« oder »Panoramaaufnahme« benannt werden und wird oft für Eröffnungsszenen eingesetzt, um zu zeigen, wo die Handlung stattfindet.
Und der Goldene Schnitt? Jaja… da war doch was. Irgendwas aus der Antike.
Das Kompositionsprinzip des Goldenen Schnitts ist schon uralt und bewährt sich heute noch. Es dient dazu, einen harmonischen Bildaufbau zu schaffen.
Professorin Coolia erklärt: das Bild wird mit zwei waagrechten und zwei senkrechten Strecken im Verhältnis des Goldenen Schnittes in neun Felder aufgeteilt. So erhält man vier Schnittpunkte. Befinden sich an einem dieser Schnittpunkte wichtige Inhalte, verleiht das der Komposition eine interessante Wirkung.
Das gleiche gilt auch für den Verlauf des Horizonts. Verläuft dieser exakt in der Bildmitte, dann wirkt das oft langweilig. Kleiner Tipp auch für die nächsten Urlaubsfotos!
2. Setting und Hintergrund
Mein Credo lautet: Hintergrund und Setting einfach und schnell verstehen.
Gerade im Bewegtbild hat man als Betrachter*in nicht lange Zeit, den Hintergrund einer Szenerie zu “scannen”. So gesehen ist ein Setting, das ich nicht in Kürze verstehen und identifizieren kann, ungeeignet. Bedenkt beim Erklärvideo also immer – sowohl bei Text als auch Bild: “weniger ist mehr!”
Als Beispiel: eine super detaillierte Ansicht eines Fabrikgeländes mit tausenden Gebäuden, Röhren, Lagerhallen und Parkplätzen ist für das Auge schwieriger und ganz einfach zeitaufwändig. Im Gegensatz zu einer reduzierten subtilen Darstellung, wo man den Fokus auf das Wesentliche behält und trotzdem das Setting als Fabriksgelände erkennen kann.
3. Farbgebung
Das Schwarz-Weiß Fernsehen haben wir lang hinter uns gelassen … also her mit der Farbpalette! Denn Farben geben dem Design erst richtig Atmosphäre! Und ich rede jetzt nicht zwingend von der Regenbogenpalette – denn schon ein reduziertes oder sogar monochromes Farbspektrum verleiht der Illustration den gewissen Style.
4. Character Design
Uhhh – für mich persönlich der spannendsten Teile der Erklärvideogestaltung.
Die Tatsache, das etwas aus deiner Vorstellung im Kopf zu einem Charakter wird, der Menschen Inhalt näher bringt und vielleicht auch manchmal schmunzeln lässt – das ist einfach cool. Und ich denke, da sprech ich für alle Illustrator*innen in unserem Team.
Speziell bei der Entwicklung eines Character Design für ein Brandvideo kann man seiner Kreativität freien Lauf lassen.
Methode 1: Man kann durch Überzeichnungen die wichtigsten Aspekte eines Charakters deutlich hervorheben.
Es gibt Attribute, die einem sofort einfallen, wenn man zum Beispiel an Santa Claus denkt. Der dicke Bauch mit den dünnen Beinen wirkt einfach skurril und macht den ganzen Charakter sehr charmant.
Oder die Swarovski Lady, die mit Kristallsteinen ihre übertrieben großen Schulterpolster noch mehr zur Geltung bringen will.
Methode 2: Stereotypen brechen – denn nicht alle Frauen haben lange Haare und tragen einen Rock
Das sieht man am Beispiel von KTM oder Erste Group. Kleiner Insider: Oft bau ich mich selber in Videos ein. Vielleicht hast du mich ja schon mal wo entdeckt.
Methode 3: Man kann aber genauso auch mit Klischees spielen und sich fragen, wie wir uns von dem lösen, was die Leute erwarten, um Charaktere zu schaffen, die einzigartig sind.
Da haben wir zum Beispiel Rudi Sorglos. Ein lässiger Typ, der nicht so schnell aus der Ruhe zu bringen ist, wird zum perfekten Maskottchen für das Handwerker-Hilfsportal. Durch die comichafte Stilistik wirkt Rudi Sorglos charmant und hilfsbereit.
Oder der Mitarbeiter mit Ecken und Kanten, der mit seiner großen Krawatte und seiner Bartfrisur dem Klischee des Bürotigers entspricht.
Oder der coole Hipster, der aber nicht cool genug ist, um regelmäßig Blutspenden zu gehen.
Es besteht die Möglichkeit, mit einem Charakter eine Geschichte zu erzählen und ein individuelles Erklärvideo zu schaffen. Ihr seht: in der Gestaltung von Erklärvideos geht es immer darum, die Balance zu finden zwischen “ich trau mich was” und “ich halte mich zurück”.
Das waren die 4 Punkte der Erklärvideogestaltung. Ich hoffe, es hat euch Spaß gemacht.
Danke für’s Zuschauen & bis zum nächsten Mal!